2010/12/18

The Happy End - Echoes Of Jericho

ImageLiebe The Happy End,
Ist das mein Tinnitus? Oh, anscheinend nicht, es muss wohl an eurem neuen Album „Echoes of Jericho“ liegen, bei der ein durchgehendes Rauschen die Songs begleitet. Eine interessante Idee, sodass man manchmal nicht weiß, wo das eine Lied anfängt und das andere wieder aufhört. Ein ziemlich dunkles, schwertrabendes und tristes Album wurde hier vorgelegt.  

 Dabei gab es eine dieser supercoolen Ideen, das Debütalbum rauszubringen: Auf T-Shirts wurden die Downloadcodes gedruckt, um das Album dann auf der Homepage runterzuladen. Irgendwann waren die T-Shirts alle, da habt ihr euch entschlossen, das Album noch einmal auf nem physikalischen Tonträger rauszubringen. Und das klingt genauso wie vom Shirt.

Mit dem Einsteiger „Polarbear“ wird irgendwie Hoffnung versprochen. Er klingt wohltuend, ja schon fast erlösend. Irgendwie eine warme Stimmung, die man vielleicht das ganze Album erwartet. Aber nix da, hier kommen noch andere musikalische Seiten zum Vorschein. Heißt ja nicht umsonst experimentelle Musik.

Denn im Anschluss folgt „Black Cancer“. Obwohl der Titel richtig derbe klingt, könnte das ja schon fast an einen Popsong heranreichen! Verzerrte, dreckige Gitarren á la BRMC, verpackt im klassischen Strophe-Refrain-Strophe Muster, unterlegt mit schönem, eingängigen Gesang. Das Gitarrenspiel schreit ja schon fast „hitverdächtig!“. Dieses Lied könnte locker, trotz der für Pop unüblichen Länge von fast sechs Minuten, ein wahrer Ohrenschmaus werden.
Ausklingende verzerrte Gitarren, die schwingen und rückkoppeln, leiten das mit fast zehn Minuten längste Stück der Platte ein – „All Different Drugs“. Der Titel klingt fast schon wie eine Gebrauchsanweisung, wie ein versteckter Befehl, dieses Lied besser genießen zu können. Und nach gut zwei Minuten Noise setzen auch langsame, psychedelische Gitarren ein, die immer und immer wieder den gleichen Takt spielen, wie in Trance. Nachdem schließlich der Liedtitel auch im Text Verwendung findet, kommt es so richtig noisig, verzerrt und verwirrend zum Abschluss.

Doch das ändert sich rasch, wenn „Good Times“ anklingt. Voll auf die Tube gedrückt, kommt hier Tempo rein, das schon fast an alte Grunge-Zeiten erinnert. Gen Ende des Liedes wird das Tempo wieder zurückgenommen. Was folgt, ist Gitarrenwirrwarr und dieses Grundrauschen, wovon schon mal die Rede war. Mit dem kurzen „Merry Oger“ kommt etwas verwirrendes. Man könnte denken, man ist im Dschungel, Bongos erläuten und nebenbei haut jemand auf den Drumcomputer. 

„Golden“ wagt sich an die groteske Welt von Sonic Youth heran. Bis zur Verfremdung verzerrte Gitarren, ein langsames, dennoch treibendes Schlagzeug und eine fast schon verschwindende vorsichtige Stimme, die sich dazwischen klemmen will. Das Motto, was auch auf vielen T-Shirts von euch zu finden ist, betitelt das folgende instrumentale Lied: „Destroy your brilliant career“. Könnte gut in einen neumodischen Western reinpassen: Spannungsaufbauend mit einer Kulisse aus Flageoletttönen und Peitschenhieben.

„Endscapes“ klingt voll nach Weltuntergang. Ausklingende Gitarrenriffs, Übersteuerte Klänge und zwischendrin, da ist eine hoffnungsvolle Gitarrenmelodie, basierend auf einer simplen, aber im Gegensatz zur restlichen Klangkulisse schon fröhlichen Melodie. Dieses Lied könnte auch locker im Repertoire von ...and you will know us by the Trail of dead sein. Trotz allem klingt es im ganzen Album nicht frisch, nicht neu.

Im letzten Drittel, genauer gesagt beim zu kurz geratenen Zwischeneinspieler „Semen of the Zen“ kommt der zweite kurze und schon fast bemitleidenswerte Versuch, etwas Elektronik in das Album zu tragen. Leider klingt es eher wie jemand, der zum ersten Mal mit einem Drumcomputer experimentiert. So verwirrt dieser Track eher. 

„At least“ lässt eine neue, melodische Hintergrundstimme ins Spiel. Bei diesem Lied haben nun eure Stimmen den dominanten Part. Darüber freut man sich, es klingt viel wärmer und einfühlender als der Rest. Abgeschlossen wird „Echoes of Jericho“ mit dem fast Zehnminüter „Turn the sun down“. Völlig übersteuerte Gitarren beherrschen das erste Drittel des Mammutliedes, bis schließlich wieder diese vertraute Stimme einsetzt. Was folgt, ist Ruhe und Gelassenheit, sowohl in Stimme und Instrumentierung. Letztere wird schließlich wieder wüster, wie man es inzwischen gewohnt ist. Shoot the lights out, turn the sun down, close the window. Diese letzten Worte werden wiederholt und abgelöst vom endlosen Rauschen, der mich wieder so stark an meinen Tinnitus erinnert.

Alles in allem strahlt „Echoes of Jericho“ mit verzerrten, langgezogenen, ins Noise abdriftenden Gitarrenriffs. Ein wenig Abwechslung und Hoffnung birgt immer wieder die Stimme, die allerdings im Gesamtpaket schon fast wieder monoton wirkt. Fans der experimentellen und psychedelischen Musik können sich gerne an euch wenden. Doch Leute, die „Ich will was neues und erfrischendes“ auf der Stirn stehen haben, werden sich schnell langweilen.

Na dann! Machts gut. Euer Erik!

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